Erst am nächsten Morgen machte ich mir Gedanken über das, was ich am Vorabend gemacht hatte. Wie sollte ich meinem Oberarzt erklären, dass ich diesem Patienten nicht ein hochpotentes Neuroleptikum gespritzt hatte. Auch die Sorge um den Patienten beunruhigte mich plötzlich. Wie konnte ich nur einen Patienten in solch einer lebensgefährlichen Situation ohne Medikamente lassen?

Beklommen schloß ich die Stationstüre auf mit dem Vorsatz, sofort ins Akutzimmer zu eilen, um nach diesem Patienten zu schauen - auf das Schlimmste gefaßt. Doch das war nicht nötig. Der junge Mann stand schon hinter der Stationstüre. Er hatte auf mich gewartet. Er hatte keine Sonde und keinen Katheter mehr. Er hatte schon geduscht, sich frisch angezogen und hatte bereits gefrühstückt. Er streckte mir die Hand entgegen und sagte: vielen Dank für Ihre Hilfe. Da ich nicht wußte, ob er mich am Abend zuvor überhaupt gehört hatte, fragte ich ihn: welche Hilfe. Er antwortete: ich habe doch eine Leiter gebraucht, um wieder in mich herunter zu kommen.

Später erzählte er mir, dass er mich etwa sechsmal lauter gehört habe als normal, aber er hätte sich überhaupt nicht bewegen können. Verständlich, wenn man sich vorstellt, dass der Energiekörper außerhalb seines grobstofflichen Körpers war. Im Energiekörper ist auch das Hören. Es fehlte der Puffer des grobstofflichen Körpers.
Wir arbeiteten dann gemeinsam seinen heftigen Hass; auf seinen vordergründig so frömmelnden Vater auf.

Der Konflikt bestand darin, dass er den Vater ja einerseits liebte, andererseits ihn aber am liebsten vor Wut, Hass und Enttäuschung hätte erschlagen können.
Krank macht die verdrängte Wut, der Hass auf die gehassten, frustrierenden, versagenden Aspekte geliebter Menschen, die man nicht spüren möchte um sich ein gutes Bild des anderen zu erhalten und die deshalb "abgespalten" und "verschoben" wird.

"Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt." Zitat Buddha